Mikroorganismen an Fassaden

Mikroorganismen an Fassadenoberflächen geben oft Anlass zu Diskussionen. Ziel dieses Projektes ist, die Zusammenhänge der Oberflächentemperatur und der Feuchtigkeitsverhältnisse und des daraus resultierenden Mikroorganismenbewuchses an hochgedämmten Fassaden aufzuzeigen. Neben der Problematik des Schlagregens soll die Belastung mit Tauwasser thematisiert werden. Mit bauphysikalischen Methoden der Thermografie, Bisco Berechnungen und Wufi Simulationen konnte folgendes nachgewiesen werden:

  • Der Einfluss des langwelligen Strahlungsaustausches der Fassadenoberfläche (nächtliche Auskühlung in klaren Nächten) ist für die Bestimmung der Wärmeübergangskoeffizienten erheblich und sollte bei der Berechnung von Tauwasserbildung und Feuchtigkeitsbelastungsdauer der Fassaden berücksichtigt werden.
  • Mit dem Programm Bisco (Wärmebrückenberechnungen) konnte der Einfluss des Dämmdübels (Metalldorn) auf die Fassadenoberflächentemperatur berechnet werden.
  • Die Wufi Simulationen zeigen den Einfluss des langwelligen Strahlungsaustausches der Fassadenoberflächen. In längeren Simulationsperioden (01.10.2014 – 31.03.2015) wird der Einfluss der Solarstrahlung, der Dämmstärke und der Ausrichtung der Fassade auf die Oberflächentemperatur und die Kondensatbelastung deutlich.

Dieses Projekt kann keine vollständige Ursachenanalyse bezüglich Fassadenbewuchses durch Mikroorganismen machen. Vielmehr sollen durch eine bauphysikalische Bestandesanalyse Aussagen über mögliche Gründe von unterschiedlichem Bewuchs erarbeitet werden. Die Bestandesanalyse wird exemplarisch an der Nordfassade eines Gebäudes gemacht (Fassade mit ausgesprochenem Fleckenmuster).

Die Kausalität des Fassadenbewuchses durch Mikroorganismen und das dazugehörige Phänomen des Fleckenmusters ist bekannt. Die geringeren Wärmedichteströme aus dem Innenraum aufgrund hochgedämmten Bauteile, geringe spezifische Wärmekapazitäten der Wärmedämmsysteme und die nächtliche langwellige Strahlungsbilanz (terrestrische Abstrahlung und atmosphärische Gegenstrahlung) sind u.a. Ursache der Tauwasserbildung, die neben dem Schlagregen die Kondensatbelastung der Fassaden erhöht. Die Dämmdübel bilden punktuelle Wärmebrücken und generieren höher Temperaturen derjenigen Fassadenbereiche, die oberhalb des Dämmdübelkopfes liegen. Diese Bereiche mit höheren Temperaturen führen zu einer schnelleren Austrocknung der Fassadenoberfläche.

Bei einer Lufttemperatur θe von 1 °C beträgt die mittlere Fassadenoberflächentemperatur θse ca. -1 °C. Die Fassadenoberfläche hat sich in der Nacht (langwellige Strahlungsbilanz) verglichen zur Lufttemperatur θe um 2 K ausgekühlt.

  • Linie 1 zeigt im Fassadenbereich links unten eine ca. 1 K kältere Stelle. Wahrscheinlich handelt es sich um eine verminderte Wärmezufuhr von einem unbeheiztem Raum (Velokeller u.a.). In diesem Bereich ist der Bewuchs durch Mikroorganismen relativ hoch.
  • Linie 2 zeigt den wärmeren mittleren Bereich der Fenster von ca. 0.5 K .
  • Linie 4 zeigt eine Oberflächenwärmezunahme von oben nach unten von ca. 1.2 K.

Auf Bild 470 beträgt die Temperaturdifferenzen der Fassadenoberflächen Δθse zwischen den punktuellen Wärmebrücken der Dämmdübel und der restlichen Fassade ca. 1.2 – 1.5 K.

Die Auswertungen der thermografischen Aufnahmen des Fleckenmusters ergibt ein Δθse der Putzbereiche zwischen dem Bereich oberhalb der Dämmdübel und der restlichen Fassade von 1.2 – 1.5 K. Auf U-Werte umgerechnet bedeutet das einen U-Wert Unterschied von 1.58 W/m2K.

Mit Bisco soll eruiert werden, wie sich die Konstruktion der nördlichen Aussenwand mit den Dämmdübel zusammensetzt. Das Ziel soll eine Konstruktion mit einem Δθse von 1.25 K (Mitte zwischen 1- 1.5 K) sein. Annahme:

  • Backsteinwand 20 cm, λ = 0.44 W/mK
  • EPS-Dämmung 18 cm, λ = 0.038 W/mK
  • Putz 2 cm, λ = 0.9 W/mK
  • Dämmdübel mit Metalldorn, λ = 80 W/mK
  • hi = 7.7 W/m2K
  • he = 25 W/m2K
  • θi = 21 °C; θe = -2.5 °C (θse der IR-Aufnahme)

Gemäss den Bisco Berechnungen resultiert ein Δθse von 1.26 K. Diese Differenz entspricht den mit der Thermografiekamera gemessenen Differenzen. Ohne eine Aussage über die Dämmstärke der Nordfassade machen zu können, kann davon ausgegangen werden, dass ein Stahldorn-Dämmdübel eingesetzt wurde.

In einer ersten Simulation mit Wufi sollen zwei Nordfassaden mit verschiedener Dämmstärke bezüglich Oberflächentemperatur und Kondensatbelastung verglichen werden. Das eine Bauteil hat auf Beton (w/z = 0.5) eine EPS Dämmung von 8 cm (U-Wert 0.42 W/m2K), das zweite eine EPS Dämmung von 18 cm (U-Wert 0.21 W/m2K). Beide Bauteile haben einen mineralischen Putz von 2 cm (Wufi mit „expliziter Strahlungsbilanz).

Die Auswertungen zeigen eine mittlere Differenz der Oberflächentemperatur (θse) der zwei Bauteile von 0.3 bis 0.4 K und maximalwerte bis 1.4 K. Die Differenz der Oberflächenfeuchte (φ se) bewegt sich zwischen 5 und 10 %. Die Auswertung zeigt, dass die Fassade mit 18 cm Dämmung kleinere Oberflächentemperaturen und eine grössere Kondensatbelastung aufweist. Der durch die geringere Dämmung resultierende Wärmegewinn an der Fassadenoberfläche vermindert die Kondensatbelastung der Fassade.

Resultate

Die Messungen der Thermografiekamera zeigen eine nächtliche Auskühlung der Oberfläche der Nordfassade im Vergleich zur Lufttemperatur von bis zu 4.5 K (abhängig vom Bewölkungsgrad des Himmels während der Nacht). Die Differenz der Oberflächentemperaturen der Nordfassade zwischen den Bereichen der punktuellen Wärmebrücken des Dämmdübels und den Fassade beträgt zw. 1.2 – 1.5 K. Eine U-Wert Berechnung der Wand ist aufgrund der Messunsicherheiten bei den Meteobedingungen nicht möglich. Die U-Wert Differenz kann aufgrund des Δθse zwischen den Bereichen der Dämmdübel und der restlichen Fassade mit 1.58 angegeben werden.

Die Bisco Berechnungen mit der Metalldornvariante des Dämmdübels zeigt eine Differenz der Oberflächentemperaturen zwischen den Bereichen der Dämmdübel und der restlichen Fassade von 1.26 K. Dies korrespondiert mit der Thermografieauswertung (1.2 – 1.5 K). Gemäss Bisco Berechnungen stellen Kunststoffdübel keine punktuelle Wärmebrücke dar. Der Einsatz von Kunststoffdübel dürfte demnach keine Fleckenmuster auf der Fassade hervorbringen. Die oft eingesetzten Dämmrondellen sind nur wirksam, wenn sie genügend dick sind. Eine Dämmrondelle von 9 mm Dicke ergibt immer noch ein Δθse von 0.66 K.

Die Strahlungsbilanz an der Fassadenoberfläche hat grossen Einfluss auf die Kondensatbildung. Wird bei der Wufi Simulation die „explizite Strahlungsbilanz“ berücksichtigt, ergibt sich im Vergleich zur Simulation ohne „explizite Strahlungsbilanz“ eine durchschnittliche Abweichung der Oberflächentemperatur von ca. 2 K. Diese Differenz kann im berechneten Zeitraum bis 5 K betragen. Die Wufi Simulation zeigt, dass die äusseren Wärmeübergangskoeffizienten stark schwanken. Thermische Berechnungen mit standardisierten Wärmeübergangskoeffizienten (25 W/m2K) ergeben v.a. für die Perioden Okt./Nov. und Febr./März (April wurde nicht gerechnet) zu warme und zu trockene Aussenfassaden.

Eine Wufi Simulation von 1.11.2014 bis 15.11.2014 zeigt, dass die Solarstrahlung v.a. die Südfassade trocknet und dass die Fassaden aller Ausrichtungen grundsätzlich am Nachmittag am trockensten sind.

Die Dämmstärke hat auf die Kondensatbildung an den Fassaden erhebliche Auswirkung. Je dicker die Dämmung ist, desto kühler und feuchter sind die Fassandenoberflächen. Bei einer Dämmstärkedifferenz zwischen 8 cm und 18 cm EPS Dämmung resultiert eine durchschnittliche Temperaturdifferenz der Fassadenoberflächen Δθse von ca. 0.5 K. Die Differenz der Oberflächenfeuchten bewegt sich zwischen 5 und 10 %. Eine Nordfassade mit 18 cm EPS-Dämmung hat in der Periode 1.10.2014 – 31.03.2015 eine dreimal längere Kondensatbelastung als eine Nordfassade mit 4 cm EPS-Dämmung. Eine Südfassade hat eine bis zu 7 % geringere Kondensatbelastung als eine Westfassade.

Weiterführende Wufi Simulationen mit verschiedenen Putzsystemen (unterschiedliche Stoffkennwerte: Kapillarität, Dampdiffusion, spez. Wärmekapazität, Hydrophobierungen u.a.) könnten Aussagen über Kondensatbelastung und Belastungsdauer mache (WTA-Merkblatt 6-1-01).